Mobile Times Karten werden dreidimensional
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    Digitale Landkarten verabschieden sich zusehends vom «Look & Feel» traditioneller Landkarten auf Papier. Zunehmend wird es möglich, sich die Strasse, auf der man gerade fährt, auch dreidimensional anzeigen zu lassen. Statt orangefarbener Flächen sieht man plötzlich auch am Display die Häuserschlucht, durch die man sich gerade bewegt. Selten fragt man sich, woher die Daten kommen, die das ermöglichten.
    Wir haben uns bei Tele Atlas, dem vermutlich grössten Hersteller digitaler Landkarten, schlau gemacht, um zu erfahren, wie das eigentlich funktioniert. Zuerst aber einmal die Grundlagen.

Satelliten
    Digitale Landkarten basieren heute praktisch immer auf Satellitenaufnahmen. Das ermöglicht extrem genau Karten, ohne jede Strassenecke neu zu vermessen. Was wir uns aber wünschen, sind nicht nur Rohdaten, die zeigen, wie eine Strasse in der Natur verläuft, sondern eine Fülle an zusätzlichen Informationen.

Einbahn oder nicht?
    Wir wollen zumeist wenigstens wissen, ob eine Strasse eine Einbahn ist, ob sie für unser Fahrzeug überhaupt zugelassen ist, denn es könnte ja ein Fussweg oder eine Autobahn sein. Und auch der Routenplaner muss das wissen, denn sonst würde er uns ja kalt lächelnd gegen die Einbahn senden, wenn so der kürzeste Weg wäre. Auch wo wir parken und wo nicht möchten wir wissen, vielleicht auch wo interessante Punkte in der Landschaft sind, wo wir tanken können, wo wir einen Platz zur Übernachtung finden - kurz eine Fülle an Daten, die über Satellit nicht zu erfassen sind.

Fleissige Erfasser
    Das alles musste daher auch schon bisher ohne Satellit erfasst werden. Die Standardmethode besteht darin, dass eine Person im Auftrag des Landkartenherstellers die Strasse abfährt und alle Verkehrszeichen und sonstige wissenswerte Informationen notiert. Ein Schritt weiter war dann, dem Erfasser ein Mikrofon umzuhängen, damit er nicht immer stehen bleiben muss, um die erkannten Informationen zu notieren. Natürlich kann so ein Fahrzeug auch mit zwei Personen besetzt werden, aber auch hier kann es passieren, dass der Erfasser dem Fahrer mitteilt, er möge umkehren, weil der das letzte Schild nicht richtig erkannt hat.

Videoübertragungswagen
    Bei Tele Atlas hat man nun seit einiger Zeit eine Methode im Einsatz, die alle diese Probleme lösen sollte und zudem ein dreidimensionales Bild der abgefahrenen Strecke liefert: «Mobile Mapping» Im Prinzip handelt es sich um Wohnwagen, die am Dach über mehrere Videokameras verfügen, mit denen sie die abgefahrene Strecke aufnehmen. Das darf man sich natürlich nicht als normale Videoübertragung mit 25 Bildern pro Sekunde vorstellen - die Datenmengen würden unüberschaubar -, sondern als Einzelbildaufnahmen im Verhältnis zur Fahrgeschwindigkeit.
    Die Kameras sind mit einem im Wagen installierten Server verbunden, der die Daten digital aufzeichnet. Die erfassten Daten werden dann durch Spezialisten ausgewertet, die daraus die Karten und auf Wunsch auch dreidimensionale Karten erstellen. Im Büro kann man eine Strecke virtuell immer wieder abfahren, um allenfalls im ersten Durchgang nicht erkannte Details in die digitale Landkarte einzubauen.
    Auf der Beifahrerseite des Wagens findet sich im Cockpit gleich ein Computer, auf dem man die aufgenommen Bilder betrachten kann, um allenfalls rechtzeitig umzukehren und eine Strecke noch einmal abzufahren.
QuickTime Movie: 535 KBQuickTime Movie (535 KB) | Windows Media Video: 253 KBWindows Media Video (253 KB)

Skalieren
    Warum man nicht einfach die erfassten Videos nimmt ist leicht erklärt: Wer z. B. seinen PDA als Navigationssystem nutzt, der hat nicht die gewaltigen Speichermöglichkeiten, die ein Video verlangen würde. Ausserdem sollte der Routenplaner ja einheitliche Daten, mit denen er rechnen kann, zur Verfügung haben. Die Landkarten müssen mit einem Wort skalierbar sein, damit für jedes Gerät die passende Grösse zu Verfügung steht.

Urlaubsreisen
    Wer sich das antut, mit so einem Wohnwagen, der rundum mit TV-Kameras gepflastert ist, durch die Lande zu reisen, ist unterschiedlich. Oft sind es Ehepaare, die so einen Urlaub verbringen, den sie sich sonst nicht leisten könnten; gelegentlich auch Studenten usw. Jedenfalls fast immer Leute, denen so eine Reise Spass macht. So weit wir verstanden haben, sind die Wagen ziemlich ausgebucht und die Chance einen solchen Auftrag zu erhalten ist inzwischen recht gering geworden.

Seitengasse
    Problematisch werden die grossen Wohnwagen in engen Gassen alter Städte. Aber auch dafür hat Tele Atlas eine Lösung gefunden: Die gesamte Aufnahmetechnik lässt sich ja auch in einem kleineren Bus unterbringen. Das hat allerdings den Nachteil, dass man nicht jederzeit stoppen und übernachten kann. Aber gerade dort, wo es die engen Gassen gibt, ist meist eine grössere Stadt und die wieder hat ziemlich sicher Übernachtungsmöglichkeiten zu bieten. Es lässt sich also machen, wenngleich nicht so flexibel wie mit den Wohnwagen.

Für jeden eine Karte
    Mobile Mapping ermöglicht also, während der Fahrt alle Daten, die früher eine oder mehrere Personen erfassen mussten, praktisch vollautomatisch aufzuzeichnen. Die erfassten Daten ermöglichen ist aber noch viel mehr: Will ein Kartenanbieter - Tele Atlas ist ihr grösster Lieferant - dreidimensionale Karten, so können diese aufgrund der Videos erstellt werden. In Zukunft ist aber noch viel mehr möglich: Eine Karte mit gotischen Gebäuden - ein Mitarbeiter, der Gotik vom Jugendstil unterscheiden kann, setzt sich vor den Bildschirm und durchfährt virtuell in Frage kommende Städte. Wollen Pflanzenforscher wissen, welche Bäume am häufigsten in Allen gesetzt werden - auch diese Frage kann beantwortet werden.

Die Zeit ist die Grenze
    Es gibt eigentlich keine Grenzen für die Wünsche nach thematischen Karten als die Zeit, denn nach einiger Zeit hat sich jedes Umfeld verändert und eine neue Fahrt der ist nötig. Der Rhythmus der Wiederholungen hängt natürlich von der zu erfassenden Gegend ab. In einer unbewohnten Steinwüste wird sich wenig ändern - die Verkehrszeichen rosten vielleicht etwas mehr und der Strassenbelang hat sich abgenutzt. In Städten wo dauernd gebaut und umgebaut wird, muss viel öfter mit einem Erfassungsfahrzeug gearbeitet werden.
    Erfasst aber muss werden und das ist wahrscheinlich das Einzige, was beim Endnutzer manchmal auf Unverständnis stösst: Jetzt ist die Strasse schon seit drei Wochen gesperrt und mein GPS weiss das noch immer nicht! Derartige Aktualität in jedem Detail wäre sicher auch möglich - aber zahlen wird das wohl niemand wollen.




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 18. April 2005
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