Microsoft «Rapier»

Ein feiner Streich!

Während Ende des 16. Jahrhunderts die Italiener den Vorteil einer feinen Klinge gegenüber einem groben Schwert erkannten, kommt auch bei Microsoft ein paar hundert Jahre später mit den neuen PocketPCs ein Umdenken zustande!


Während mit dem Schwert nur Kraft verbunden ist, wurde mit der Einführung des Rapiers und anderer feiner Klingen ein Umdenken in der Kampfstrategie notwendig. Nicht mehr Kraft war beim Kampf mit dem Rapier ausschlaggebend, sondern Geschicklichkeit und Schnelligkeit.

Beides scheinen sich Microsoft und Partner mit seinen neuen PocketPC («WindowsPowered») auf die Fahnen geschrieben zu haben, wenn auch nicht mit letzter Konsequenz, denn Marketingfehler bleiben bestehen. Zeitgleich wurden am 19. April in New York und London der Öffentlichkeit die neuen Wundergeräte vorgestellt: Die PocketPCs mit WindowsCE 3.0, die auch unter dem Codenamen «Rapier» bekannt sind.

Neu ist neben dem wesentlich schnelleren OS die Benutzeroberfläche und einige Programme. Die Hersteller der mobilen Offensive sind Compaq, Casio, Hewlett-Packard und Symbol. Damit auch Besitzer aktueller Palm-sized PCs nicht unzufrieden sind, hat zumindest Compaq bereits eine offizielle Update-Garantie für Geräte, die nach dem 24. Februar gekauft wurden, verlautbaren lassen. Von Casio und HP fehlt noch ein offizielles Statement.

Kritisiert wurde bisher die zu starke Orientierung an Windows für DesktopPC. Diesem Faktum hat man nun Rechnung getragen und die grafische Benutzeroberfläche (GUI) drastisch überarbeitet und vereinfacht. Dazu wurden Marktstudien durchgeführt und Focusgruppen einberufen, wobei sicherlich auch sehr grosser Wert darauf gelegt wurde, dass Palm-Anwender teilnahmen. Das Ergebnis äussert sich in einer Oberfläche, die auf überflüssige 3D Schnörkel und übermässige Bedienungsschritte verzichtet - der Tip-Tap-Stift-Wahnsinn auf zu kleine Bedienelemente sollte nun ein Ende gefunden haben, wenn auch noch immer der Stift als Mausersatz gesehen wird.

Auch bei der Geschwindigkeit hat sich gewaltiges getan. So ist Rapier zum Teil neu programmiert und läuft nun bei gleichen Prozessorleistungen wesentlich schneller. Im Vergleich zu den «alten» Taschen-PCs verhalten sich die PocketPCs wie ein Ferrari zu einem Trabi.

Die neuen PDAs präsentieren sich nun als PIM, Pocket Office und Multimedia-Begleiter. Pocket Outlook bringt die Vorteile in die Handflächen, die bisher vermisst wurden. Endlich hat man nicht Software an Hardware angepasst, sondern Soft- und Hardware an Bedürfnisse. Ob sich die neuen PocketPCs tatsächlich als die nützlichen Begleiter beweisen, muss sich erst in einem ausführlichen Test der Geräte beweisen, sobald diese verfügbar sind. Bei uns ist mit den ersten Geräten im Juni/Juli zu rechnen. Pocket Outlook umfasst neben Terminen, Kontakten, Aufgaben auch eMails und Notizen. Eine «Today»-Ansicht stellt auf einen Blick die Informationen bereit, die man in der nächsten Zeit benötigt: Beispielsweise den nächsten Termin und wieviele ungelesene eMails noch zu bearbeiten sind. Die Notizen lassen sich nun endlich durch ActiveSync 3.1 mit den Outlook Notizen synchronisieren. Notizen können neben Text und Skizzen zusätzlich Tonaufzeichnungen enthalten, die so auch auf dem PC erscheinen. Die Übersichtlichkeit der Kontakte wurde ebenfalls erheblich verbessert. Wechselt man die Applikation oder wählt Daten zur Anzeige aus, geschieht dies mit enormen Tempo. Das manuelle Speichermanagement ist nicht mehr notwendig - so sind keine Applikationen mehr zu schliessen oder der Speicher in Daten- und Programmspeicher aufzuteilen. Dies geschieht jetzt automatisch.

Pocket Office mit Word und Excel sind genauso neu. Es können Word- und Excel-Dokumente erstellt und bearbeitet werden, egal ob als eMail Attachment oder direkt am PocketPC erstellt. Für die mobile Kommunikation ist auch der Pocket Explorer ein wichtiges Hilfsmittel. Dieser kann HTML 3.2 Seiten darstellen und unterstützt XML, JavaScript, SSL, usw. Damit sollte sicheres Telebanking und eCommerce möglich sein. Einen WAP Browser hat im Moment nur der HP Jornada im Lieferumfang, aber auch für die anderen Geräte wird ein solcher erwartet. Neu ist, dass AvantGo Channels direkt im Browser dargestellt werden können und keine Zusatzsoftware installiert werden muss.

Weitere neue Applikationen sind der Mobile Player für MP3 und WAC Dateien, der MS Reader mit ClearType für eBooks, die Finanzverwaltung Pocket Money und vieles andere mehr.

PocketPC zeig Dich!

Compaq sorgt mit seinem iPaq für einiges Aufsehen und mit seinem nicht ganz jugendfreien Erweiterungskonzept, das an Kondome erinnert, für Flexibilität. Der iPaq ist mit dem derzeit stärksten PocketPC-Prozessor ausgestattet, einem StrongARM mit 206 MHz. Wer einen CompactFlash, PC-Card Slot oder eine Schutzhülle und andere Erweiterungen wünscht, kann dem iPaq ein Expansion Pack überziehen. Geplant sind auch GSM-Erweiterungen und anderes mehr. Der Compaq PocketPC ist wohl der innovativste, obwohl das TFT Display nur 4'000 Farben darstellen kann, reguliert sich die Helligkeit automatisch auf die Umweltbedingungen, und der Lithium-Polymer Akku bringt 25% mehr Leistung als die normalen Lithium-Ionen Akkus.

Der Casio E115 hingegen verfügt über einen integrierten CF-Slot (Typ I und II) und orientiert sich am Design auch vom Prozessor an dem Modell E105. Der TFT Screen kann 65'000 Farben darstellen, an Zubehör gibt es zum Beispiel schon einen Kameraaufsatz für den CF-Slot.

Hewlett-Packard liefert mit dem Jornada 545 den einzigen PocketPC mit integriertem Schutzdeckel, wo der flache Stift untergebracht ist. Auch der Jornada läuft mit einem SH3 32bit 133 MHz Prozessor von Hitachi. In den CF Slot passen nur Karten vom Typ I. Das CSTN Display kann ebenfalls 65'000 Farben darstellen.

Symbol konzentriert sich mehr auf Industrieanwendungen und liefert mit dem PPT 2700 die passende Plattform dafür. Auf erfolgreiche Projekte wie mit Avis kann verwiesen werden.

Die Batterielebensdauer hat sich auf acht bis zehn Stunden durchgehenden Betrieb erhöht - man geht jedoch davon aus, regelmässig die Docking-Station zum Aufladen zu besuchen. Insgesamt lässt sich festhalten, dass mehr Funktionen mit weniger Bedienschritten und schneller möglich sind! Die Preise der PocketPCs werden sich zwischen 700 und 1'300 Franken bewegen. Wer einen Handflächen-PC sucht, wird nicht um die neuen Microsoft PDAs herumkommen, doch mit den Palm PDAs hat man zwei Alternativen auf dem Markt, die unterschiedliche Philosophien und Bedürfnisse befriedigen können!

Marcus Ambrosch/fwk


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