WAP im Einsatz

Der Berg hat gekreisst

Seit 21. Februar gibt es in der Schweiz das «Internet im Natel-Format» - eine neue Ära der Mobilkommunikation wurde von Swisscom eingeläutet. Die WAP-Plattform steht allen Handy-Benutzern offen, also auch Kundinnen und Kunden von diAx und Orange.


Mit 20 konkreten Diensten zum Start darf für einen günstigen Einheitstarif also jetzt auch in der Eidgenossenschaft geWAPt werden.

Statt drei W für World Wide Web sollen wir uns in Zukunft an vier W für World Wide Wireless Web gewöhnen. So zumindest die Vorstellung der Planer bei Herstellern und Netzbetreibern. Eine monatliche Grundgebühr für den WAP-Zugang muss nicht sein, meint die Swisscom, obwohl sie in der Schweiz nach eigenen Angaben momentan der einzige Anbieter kommerzieller WAP-Services ist. Für diesen WAP-Spass berechnet die Swisscom ihren Natel-Abonnenten lediglich eine Verbindungsgebühr von 20 Rappen pro Minute. Natel-easy-Benutzer zahlen 40 Rappen. Ohne weitere Gebühr steht eine breite Auswahl sogenannter Base Services zur Verfügung - Dienste, die Content-Provider kostenlos anbieten. Ergänzt werden sie durch den sogenannten Prime Content - Inhalte von Diensteanbietern, die von diesen speziell verrechnet werden. Ein erster Blick in das Diensteangebot war nicht gerade berauschend, aber aus 20 konkreten Diensten sollen bis Jahresende 50 werden.

Bevor wir aber wirklich WAPen können, müssen wir erst ein passendes Endgerät konfigurieren. Da der Swisscom-Start recht genau mit unserem Erscheinungstermin zusammenfällt, haben wir wieder einmal in unserem östlichen Nachbarland «vorausgeschnuppert».

Das WAP-Terminal

Zum Testen durch unsere österreichische Redaktion stand uns für das in der Schweiz und in Österreich (Mobilkom) verwendete WAP-Protokoll nur das seinerzeit erhältliche Nokia 7110 zur Verfügung. Jetzt sind auch das Dualband-Handy R320s von Ericsson und das Tripleband-Mobiltelefon P7389 von Motorola hinzugekommen. Da Siemens für das Modell S25 einen von keinem hiesigen GSM-Operator unterstützten Browser (pre-WAP) verwendet, ist dieses Handy für WAP-Zwecke hierzulande nicht brauchbar. Die Einstellungshinweise im erhältlichen Flyer beziehen sich daher auch ausschliesslich auf das Nokia 7110.

Im Test hatten wir auch ein Vorserien-Modell von Ericsson R320s, mit dem der WAP-Zugang ebenfalls möglich war. Für das 7110 erhielten wir von der (österreichischen) Mobilkom einen eigenen Folder, der wirklich jeden Schritt genau beschreibt. Sinngemäss funktioniert es beim Ericsson genauso. Es darf angenommen werden, dass Swisscom zum Start ähnliche Broschüren auflegt.

Was man bei A1 finden kann

Bei unseren Versuchen am 9. Januar funktionierte der Zugang zu den Ö3-Seiten nicht. Ebenso wenig gab es beim Handelsblatt zu lesen. Auch das Weltwetter konnte nicht abgerufen werden. Dafür funktioniert ntv, Pro Sieben, die Süddeutsche und die Web-Seite von Heute (ZDF). Weitere Infos, die man in Wien lesen konnte, waren A1-Info, Eurosport, das 5-Tage-Wetter (aber nur für Wien) und das Ö3-Wetter für alle Bundesländer. Kurze Zeit später funktionierten einige Seiten mehr, dafür gab es bei anderen Schwierigkeiten. Der Status ändert sich noch täglich - also ausprobieren!

Einen Vorteil sollte Swisscom gegenüber A1 haben: man soll auch «fremde» WAP-Server erreichen können, was bei A1 nicht möglich war.

Wie zu erwarten war, ist das Lesen auf dem doch kleinen Display etwas mühsam, obwohl die Displays der uns zur Verfügung stehenden Nokia 7110 und Ericsson R320s im Vergleich zu den anderen Handys der gleichen Hersteller relativ gross geraten sind.

Wie WAP funktioniert

Im Prinzip definiert der WAP-Standard einen sogenannten Microbrowser, der das für kleine Funkterminals entwickelte XML - eine reduzierte Form von HTML - verwendet. WAP definiert auch einen Proxy-Server, der als Gateway zwischen dem leitungsgebundenen Internet und dem Funknetz dient. Dieser Server sorgt für die Umsetzung der Protokolle und optimiert auch die Übertragung im Funknetz.

Damit WAP auch funktioniert, muss der jeweilige Netzbetreiber WAP einsetzen, um das normale HTML in das spezielle WAP-XML- bzw. WML-Format umzusetzen. Vom Anwender aus gesehen verhält sich WAP wie die verschiedenen Internet-Browser, die auch die Komplexität des Internet hinter einer einfach zu bedienenden Oberfläche verstecken. Als Transportmedium dient dabei nicht nur die einfache Datenübertragungsmöglichkeit im GSM, sondern auch SMS, HSCSD und GPRS. WAP ist sogar bis zu einem gewissen Mass unabhängig von der eingesetzten digitalen Technologie, denn es kann von GSM (alle vier Frequenzen), CDMA (IS-95), TDMA (IS-136) und auch von den künftigen Standards der sogenannten dritten Generation wie UMTS verwendet werden. Mit anderen Worten: Der Anwender muss WAP nur anwenden - er muss es nicht wirklich verstehen. Zu beachten ist dabei aber schon, dass die Behauptung «Das Internet kommt aufs Handy» zwar korrekt ist, aber nicht heisst, dass das World Wide Web auf dem Handy-Display abzufragen ist. Daher versuchen einzelne Firmen, andere Ausdrücke einzuführen wie Vodafone den Ausdruck WWWW für World Wide Wireless Web oder Nokia MMM für Mobile Media Mode, wobei die Marke MMM auch eine Garantie sein soll, dass das jeweilige Gerät auch tatsächlich WAP-konform ist.

Worldwide WAP

WAP wurde nicht nur zur Berliner Funkausstellung (MOBILE TIMES 13/Seite 10) durch die deutschen Netzbetreiber eingeführt, sondern kommt auch in anderen Ländern langsam ins Rollen. So hat etwa der australische Betreiber Telstra seine Web-Site telstra.com im Dezember 1999 mit Hilfe von phone.com auch WAP-fähig gemacht. Der Zugang ist bis März 2000 frei. Konkurrent Optus startete bereits im November 1999. In Skandinavien werden inzwischen die WAP-Services bereits erweitert und in Südafrika testet man ein System, das es auch «normalen» Handys erlaubt, auf WAP-Inhalte zuzugreifen. Der «WAP Service Broker» von CMG ermöglicht nicht nur «antiken» Handys, auf WAP zuzugreifen, sondern macht es auch für Besitzer von WAP-Handys einfacher: Sie können ihre eigene personalisierte Homepage erstellen. Ausserdem sollen sich die Zugriffszeiten stark reduzieren. Laut CMG ist das System bereits in Australien, Irland und in der Schweiz (bei diAx) im Einsatz.

Auch Computerfirmen setzen auf WAP. IBM hat etwa schon im Vorjahr ein «rapid action team» gebildet, das unter dem an sich bei US-Polizei-Organisationen üblichen Kürzel «SWAT» arbeitet und IBM-Kunden bei der Nutzung von WAP - speziell im Bereich eCommerce - unterstützen soll. IBM ist nach eigenen Angaben in Europa bei über 100 WAP-Projekten tätig. Eines der ersten Projekte ist die Entwicklung einer Verbindung zwischen dem Internet-Bank-System der schwedischen Handelsbanken und WAP-Diensten.

Zahlungslösungen entwickelt auch Ericsson gemeinsam mit Visa International. Die Idee ist ähnlich der von Motorola mit Barclay entwickelten Lösung, wo ein zusätzlicher Slot im Handy das Einlesen der Kreditkarte ermöglicht. Die Ericsson/Visa-Lösung soll aber über WAP laufen.

Auch Unterhaltung wird nicht zu kurz kommen: Die Firmen In Fusio und Webraska haben sich zusammengeschlossen, um die ersten Standort-orientierten Spiele für WAP-Geräte zu entwickeln.

Franz A. Köttl/fwk


Ist WAP das Netscape fürs Handy?

Noch immer hat Microsoft nicht wirklich in die Diskussion um die Microbrowser eingegriffen. In Europa merkt man noch wenig, nur in den USA zeigt sich, dass etwas am Kochen ist: AT&T, Bell Atlantic, Sprint und Qualcomm haben Partnerschaften mit Microsoft zur Entwicklung von CE-basierten Microbrowsern abgeschlossen. Zwar unterstützen die gleichen Firmen auch WAP, doch wollen sie auch bei Microsoft einen Fuss in der Tür behalten. Microsoft und Qualcomm gründen zusammen ein Unternehmen namens «Wireless Knowledge» - und unterstützen auch WAP. Microsoft dürfte die Entwicklung etwas verschlafen haben - schon 1998 wurden weltweit mehr Handys als PCs verkauft -, man sollte aber die Softwarekünstler nicht unterschätzen. Auch Netscape schien bei Internet-Browsern unangefochtener Marktführer zu sein ...


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