Interview mit Excom-GD Conradin Rüegg:

«Moral und Ethik in der IT sind uns ebenso wichtig wie die Marketingstrategie.»

Seit ihrer Gründung im Jahre 1982 verfolgt Excom die Philosophie, nur Top-Marken mit Top-Qualität in ihrem Verkaufsportfolio zu führen. Als Fabrikvertretung namhafter Weltunternehmen ist dies auch gelungen. Excom übernimmt im Schweizer Markt die Budget- und Umsatzverantwortung für die ihr anvertrauten Marken. Mit der Gesamtleitung wurde neu Conradin Rüegg betraut - ein aktueller Grund, mehr über die Philosophie und Kultur des Unternehmens aus erster Hand zu erfahren.


MT: Herr Rüegg, lassen Sie uns zunächst kurz über die Excom-Firmengruppe sprechen. Wie sieht heute die Organisationsstruktur der Excom aus?

Rüegg: Die Firmengruppe sieht an der Spitze die Excom Holding mit Bernhard Götti als Verwaltungsrats-Präsident. Die Holding bildet das Dach der Gesellschaften Excom Service AG, Secom AG und Excom AG. Letztere ist eine Handels- und Marketing-Organisation für Produkte der Marken Eizo, Psion, Fuji Datenträger, MGE und Epson.

Lassen Sie mich noch hinzufügen, dass die Excom-Gruppe gesamthaft 160 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigt und die Excom alleine eine Umsatzgrösse von rund 200 Millionen Franken erreicht.

MT: Neue Besen kehren gut. Können Sie bereits Punkte benennen, die Sie anders machen möchten, denen Sie Ihren ganz persönlichen Stempel aufdrücken möchten?

Rüegg: Es ist immer schwierig, darüber zu sprechen, was man anders machen will. Ich kann ganz klar sagen, dass ich mir als mittelfristiges Ziel vorgenommen habe, die bisherigen Marktanstrengungen punktuell zu verstärken.

MT: Können Sie diese Aussage noch deutlicher formulieren?

Rüegg: Für uns ist grundsätzlich wichtig, die Stabilität im Bereich des Marktauftritts zu erhalten. Wir haben sehr hohe Marktanteile im Bereich Eizo Monitore, im Bereich Psion Mobile Computing und im Bereich Epson Tintenstrahl-Drucker. Hier geht es uns jetzt darum, die erreichten Marktanteile zu halten, aber noch mehr, sie punktuell fokussiert auszubauen.

Zu diesen «gestandenen» Produkten kommen jetzt noch neu die Bereiche Unterhaltungselektronik und Audio/Video, also alles rund um Multimedia, hinzu. Wir werden in Zukunft alles daran setzen, auch in diesen Bereichen die zwar bereits ansehnliche Position noch weiter auszubauen. Hier gelten wir auch unsere besonderen Bemühungen der Stärkung des Bereiches der Vertriebsorganisation.

Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass wir in naher Zukunft unser Angebotsportfolio in den Bereichen Unterhaltungselektronik und Multimedia als Ergänzung zu unserem heutigen Verkaufsprogramm sinnvoll erweitern. Gespräche mit weiteren Herstellern sind im Gange. Erste Ergebnisse in Form neuer Produkte dürften im Februar oder März nächsten Jahres spruchreif werden.

Das klare Credo für die Zukunft heisst, uns mit den vorhandenen Produkten verstärkt zu profilieren, aber gleichzeitig im Sinne einer Nischenpolitik unser Portfolio zu erweitern. Das war ja auch das Erfolgsrezept von Excom und der gesamten Firmengruppe in der Vergangenheit.

MT: Hinsichtlich Ihrer Diversifikationsgedanken vermisse ich Produkte für den Wachstumsmarkt Telekommunikation. Gibt es diesbezüglich keine Überlegungen?

Rüegg: Da Sie hier interne, strategische, ja sogar visionäre Überlegungen ansprechen, haben Sie sicher Verständnis dafür, wenn ich dazu keine näheren Ausführungen machen kann.

MT: Da Sie mit Handhelds von Psion und deren Einsatzmöglichkeiten aber schon mit Kommunikation zu tun haben, liegt eine Ausweitung in diese Richtung doch eigentlich auf der Hand.

Rüegg: Es ist richtig, dass wir mit Psion-Geräten dem Anwender sozusagen eine Revolution in puncto Datenaustausch und Mobile Computing bieten. Es ist ebenso richtig, dass wir mit Psion-Computern dem Anwender das Büro in der Westentasche anvertrauen, mit dem er sogar E-Mails per Knopfdruck verschicken kann.

Lassen Sie mich bezüglich zukünftiger Entwicklungen in unserem Hause die Antwort so formulieren: Die Firma Psion hat im Bereich Betriebssysteme strategische Partnerschaften mit Handy-Herstellern gebildet. Hier ergeben sich natürlich Schnittstellen, deren sinnvolle Ergänzung wir zu prüfen haben. Ausserdem diskutieren wir ernsthaft über Einsatzmöglichkeiten der Psion-Rechner im Internet-Computing.

Ich könnte mir also gut vorstellen, dass die Telekommunikation unser Portfolio in den nächsten zwei Jahren in irgendeiner Form beeinflussen wird.

MT: Gibt es in Ihrem Hause Forecasts für diesen Zeitraum, die das erweiterte Produktportfolio bereits einschliessen?

Rüegg: Natürlich haben wir entsprechende Planungen einschliesslich der visionären Gedanken und strategischen Aspekte gemacht. Wichtiger als grosse Umsatzsprünge ist uns aber eine andere Überlegung, nämlich der Gang der Excom Holding an die Börse, primär an die Schweizer Börse. Die angelaufenen Vorbereitungen zielen auf einen Termin im Jahre 2001. Dabei ist der Umsatz nur eine Kenngrösse.

Wir haben grösstes Interesse daran, eine generelle Publikumsgesellschaft zu werden, die durch grössere Verteilung der Aktien, die heute in wenigen Händen liegen, an Attraktivität gewinnt. Wir wollen also Mehrwert schaffen, wobei sich Umsatz und Rentabilität wie bisher über dem Branchendurchschnitt bewegen. Diese von Excom immer realisierten Ziele sind natürlich für die Investoren als Sicherheit von grosser Wichtigkeit.

In diesem Zusammenhang möchte ich speziell festhalten: Excom wird auch in Zukunft eine sehr stabile Strategie verfolgen, die weniger in der Gewinnmaximierung, sondern mehr in Langfristigkeit, Solidität und Stabilität liegt. Das gilt sowohl für die vorhandenen als auch für zukünftige Produkte. Und noch etwas, was sich bereits die Firmengründer auf die Fahne geschrieben hatten: Moral und Ethik in der IT sind uns ebenso wichtig wie die Firmenkultur.

MT: Könnte bei der geplanten Diversifikation nicht die Gefahr bestehen, dass das Angebotsportfolio zu breit für die bisher von Excom immer gepflogene Beratung werden könnte? Oder wird sich Excom im Laufe der Jahre zu einem sogenannten «Box-Mover» entwickeln?

Rüegg: Sie haben die Schlüsselantwort bereits in Ihrer Frage angesprochen: Wir wollen uns keinesfalls zu einem Box-Mover entwickeln. Im Sinne unserer Aufgaben sehen wir uns als Manufacturer-Representative. Mit anderen Worten wollen wir so im Markt agieren, wie es auch ein Hersteller tun würde, wenn er in der Schweiz mit einer Tochtergesellschaft ansässig wäre. Wir sind also klar daran interessiert, hierzulande im Sinne einer echten Repräsentanz die Interessen eines Herstellers wahrzunehmen, wie wir es schon seit Jahren für Eizo, Epson und Psion tun. Aus heutiger Sicht gibt es kaum mehr als drei bis fünf attraktive Hersteller, für die wir den geschilderten Auftrag wahrnehmen könnten. Wir wollen aufgrund unserer Firmenphilosophie also keinesfalls einen «Bauchladen» eröffnen.

MT: Haben Sie nicht die Befürchtung, dass Ihnen ein Hersteller aufgrund des besonderen Erfolges für seine Produkte die Generalvertretung wegnehmen könnte?

Rüegg: Diese Gefahr ist einerseits permanent vorhanden, andererseits aber auch der «Motor» für unsere Erfolge im Markt. Mit anderen Worten müssen wir immer besser sein, als es der Hersteller sein könnte, wenn er mit einer Tochtergesellschaft in der Schweiz agieren würde. Ein typisches Beispiel ist Epson: Excom als Generalvertretung liegt marktanteilsmässig weit vor allen Epson-Länderorganisationen. Die gleiche Situation können wir mit Eizo vorweisen. Noch extremer zeigt sich dieser Vorteil bei Psion: Hier erhalten wir aufgrund von Händlerbestellungen, die sich bei der Lancierung bereits auf sagenhafte 5'000 Stück beliefen, für das neueste Modell revo sage und schreibe 30% der Weltmarktproduktion, und zwar als erstes Land. Ich denke, diese Facts beantworten Ihre Frage nachdrücklich.

MT: Nochmals zum Stichwort Psion: In welcher Kategorie ordnen Sie diese Rechner ein?

Rüegg: In unserer Marketing- und Absatz-Philosophie ist es eigentlich nicht relevant, unter welcher Bezeichnung Kundinnen und Kunden ein Psion-Gerät beziehen oder welcher Kategorie - Organizer, Handheld- oder Pocket-Computer - sie den Kleincomputer zurechnen. Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten lassen prinzipiell alle diese Kategorien zu. Das ist eben durch die Einzigartigkeit der Psion-Rechner gegeben. Ob Spreadsheet, Agenda, Database, Wordprocessing oder Communication - die Psion-Computer spielen in jedem dieser Einsatzbereiche ihre Stärke aus.

Wichtig scheint uns in diesem Zusammenhang, dass Anwender neben einem für sie speziell interessanten Arbeitsgebiet eine Vielzahl weiterer Funktionalitäten erhalten, die gesamthaft ein vorzügliches Preis-/Leistungs-Verhältnis widerspiegeln. Hier liegt auch unter anderem der Grund, warum Psion-Computer in der Schweiz einen stolzen Marktanteil von knapp 38% aufweisen. Oder anders ausgedrückt: Excom konnte in den vergangenen Jahren hierzulande um 100'000 Psion-Geräte im Markt plazieren.

MT: Wie sehen Sie denn die Entwicklung des weitergehenden Mobile Computing?

Rüegg: Wir glauben an eine starke Zukunft der Mobilität, und zwar in jeder Beziehung. Damit meine ich die persönliche Mobilität ebenso wie die Arbeitsplatz-Mobilität. In unseren Abteilungen Verkauf und Marketing leben wir die Mobilität am Arbeitsplatz mit Desksharing vor, indem diesen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern keine fixen Arbeitsplätze mehr zugeordnet sind. Sie arbeiten an den Pulten, die gerade frei sind - oder aber zuhause.

Jede Form der Mobilität wird zunehmen. Mit anderen Worten muss es in Zukunft ausgefeilte Techniken geben, die auch Bereiche wie Printing, Scanning, Telephony und Communications für mobiles Arbeiten abdecken. Hier schliesst sich - wenn Sie so wollen - der Kreis zu der von Ihnen angefragten Erweiterung des Produktportfolios.

MT: Welche Anstrengungen unternehmen Sie, neben der zur Standardausrüstung gehörenden Software zusätzlich auch in der Schweiz entwickelte Applikationen anbieten zu können?

Rüegg: Wir bemühen uns einerseits sehr stark, im Grosskundengeschäft zusammen mit unseren Vertriebspartnern Projektlösungen abzudecken. Das sind beispielsweise Grossbanken, deren Mitarbeiter die Psion-Geräte professionell einsetzen. Dieses Corporate Business ist zwar attraktiv, aber durch sehr kundenspezifische Anwendungen auch äusserst komplex.

Die grosse Masse Geräte liefern aber eindeutig unsere Retailer. Diesem Vertriebskanal bieten wir zur Unterstützung verschiedene flankierende Massnahmen wie Psion User-Clubs, die ihrerseits Shareware-Software publizieren und auch neueste Entwicklungen entsprechend kommunizieren können.

Um Ihre Frage noch klarer zu beantworten, gestatte ich mir noch folgende Bemerkung: Durch die Menge Geräte und Anwender ergibt sich nach unseren Beobachtungen eine Eigendynamik, die uns auf die von Ihnen angesprochene Zurverfügungstellung von Lösungs-Applikationen verzichten lässt. Es ist eine strategische Entscheidung, diesen bisher erfolgreichen Weg auch in Zukunft weiter zu verfolgen.

MT: Haben Sie als Generalvertretung irgendeinen Einfluss auf die Produktplanung bei Psion?

Rüegg: Da sprechen Sie einen äusserst wichtigen Punkt an, den wir als Philosophie verstärkt im Markt etablieren möchten: Es ist die Dialogbereitschaft der Anwender mit uns als Lieferant. Wir wiederum können dann allfällige Verbesserungs- oder Änderungsvorschläge an die Entwicklungsingenieure von Psion weiterleiten. Hier ist unter anderem auch der Grund zu suchen, warum wir soviel Wert auf die User-Clubs legen, kommen doch von hier bereits heute verschiedenste Vorschläge. Letztlich geht es dabei um eine noch engere Bindung der Anwenderinnen und Anwender an Excom und besonders an die Psion-Geräte.

MT: Im Namen unserer Leserinnen und Leser bedanke ich mich herzlich für das offene Gespräch.


Das Interview führte MOBILE TIMES Chefredaktor Friedrich W. Klappert


Valid HTML 4.01! Text © 2000 by Mobile Times
HTML © 2000-2002 by Mobile Times