Spaceward Ho!

Mobile Kommunikation im entlegensten Winkel der Erde ist seit letztem Jahr Realität. Doch mittlerweile sind auch Mehrwertdienste und Breitband-Verbindungen über Satellit möglich.


Eines der ältesten und am besten entwickelten Satellitensysteme ist Inmarsat. Im letzten Jahr wurde die dritte Satellitengeneration erfolgreich in den Orbit gebracht. Damit hat sich die maximale Datenrate auf 64 kbps (ISDN) erhöht. Neue Software im System ermöglicht zusätzliche Dienste, die diese Datenrate auch nutzen.

Basis der neuen Dienste ist die Implementierung des Internet-Protokolls auf Inmarsat, womit neben bisherigen Mail-Anwendungen nun auch Internet-Mail sowie Zugang zum WWW möglich werden. Ein Paket mit MS Windows 95, MS Internet Explorer, gratis E-Mail-Account und gratis Internet-Zugang soll den derzeitigen Inmarsat-Kunden den Umstieg erleichtern.

Auf das Internet-Protokoll setzen dann die neuen Dienste auf: Die Implementation von WAP, die Inmarsat gemeinsam mit Ericsson durchführt; E-Commerce Anwendungen werden mit PA Consulting realisiert, Videokonferenzen bedienen sich des Systems von Scotty, das ja schon an Inmarsat-M angeschlossen werden konnte, und eine MS Exchange Anbindung wird gemeinsam mit Netverk realisiert.

Paging via Inmarsat

Neu ist auch Inmarsat-D+ - ein System, das kleinere Endgeräte erlaubt als bisher. Denn wahrend die bisher kleinsten Endgeräte die Grösse eines Notebook hatten, sind die neuen Inmarsat-D+ Gerate nur mehr so gross wie ein tragbarer CD-Player. Diese kleinen Gerate haben natürlich auch eine etwas reduzierte Leistung, denn sie können nur SMS mit bis zu 128 Zeichen oder vier verschiedene Alarmsignale übertragen, können aber bis zu 40 Nachrichten speichern - womit auch zusammengesetzt Nachrichten möglich sind - und haben auch integrales GPS.

Die Anwendungen für dieses System sind dennoch vielfältig: Die Ortung und Verfolgung von Frachtcontainern ist nur eine der möglichen Nutzungen. Doch auch als SMS-Terminal für Feldeinsätze, bei denen das Gewicht der Ausrüstung eine Rolle spielt, oder zur Datenerfassung an entlegenen Anlagen eignet sich Inmarsat-D+.

Globalstar gestartet

Auch Globalstar, der zweite Betreiber eines weltweiten Satellitennetzes für mobile Telefonie, ist am 11. Oktober gestartet. Während Iridium unter GSM läuft, verwendet Globalstar CDMA - kein Wunder, ist doch einer der beiden Hauptbetreiber Qualcomm, das die Patente von CDMA hält. Die angebotenen Dienste sind ähnlich: Neben normalen Gesprächen ist auch Rufweiterleitung und SMS vorgesehen. Ab dem Jahr 2000 sollen Fax und Datenübertragung dazukommen.

Auch Globalstar hat nicht die Kapazitäten eines terrestrischen Netzes, weswegen man für Gebiete, in denen es terrestrischen Mobilfunk gibt, auf Roaming-Abkommen mit lokalen Betreibern zurückgreift - in der Schweiz auf diAx und Swisscom, die ab 1. November auch mit dem Verkauf der Endgeräte beginnen sollen. Vermutlich wird dies das R290 von Ericsson sein - ein Dualmode-Handy für Satellit und GSM 900, das mit nur 162 × 62 × 39 mm und 350 g deutlich kleiner und leichter ist, als die Iridium-Geräte - die grosse Ausklapp-Antenne für die Kommunikation mit dem Satelliten hat es natürlich dennoch. Es verfügt über ein eingebautes 9.6 kbps Modem (das derzeit nur mit GSM läuft), und gewährleistet im GSM-Modus 5 Stunden Gesprächs- oder 75 Stunden Standbyzeit und im Satelliten-Modus immer noch 1.5 bzw. 6 Stunden - der Satellit ist eben 1'414 km entfernt, während die nächste GSM-Basisstation 2 bis 3 km nahe ist.

Ein Problem steht Globalstar aber noch bevor: Denn Iridium hat es im letzten Jahr nicht geschafft, genügend Benutzer zu finden, die ausserhalb der Zivilisation telefonieren wollen und dafür auch noch bezahlen. Ob Globalstar da mehr Glück haben wird, ist derzeit noch fraglich. Ausser Frage steht jedoch die Sinnfälligkeit eines Satellitentelefons, denn nach dem Hurrikan Mitch in der Karibik und dem Lawinenunglück im österreichischen Galtür war Iridium auch in der Türkei und in Taiwan nach den Erdbeben im vollem Einsatz. Kommunikation und Koordination, wenn alle terrestrischen Einrichtungen zerstört sind, kann eben nur ein Satellitennetz liefern. Und um mit diesem Punkt auch noch Kunden zu gewinnen, hat Iridium die Gebühren um 65% gesenkt, und verzichtet auch auf Zeit- oder Entfernungszonen. Vielleicht sind sie Globalstar sogar dankbar, dass sie jetzt gestartet sind, denn Konkurrenz belebt bekanntlich das Geschäft.

Ist billiger besser?

Ein dritter Bewerber um den Markt der Satelliten-Telefonie ist das von Arianespace, Boeing und Lockheed Martin unterstützte Ellipso, das - wie der Name schon sagt - mit Satelliten auf elliptischen Bahnen arbeitet. Diese haben keinen fixen Erdabstand, sondern bewegen sich zum Teil auf zirkumpolaren Bahnen in einer Entfernung zwischen 633 und 7'605 km, zum Teil auf äquatorialen Bahnen in einer Höhe von 8'050 km. Durch diese spezielle Anordnung benötigt das System nur 18 Satelliten um die gesamte Erdoberfläche abzudecken.

Da auch die Intelligenz und ein Grossteil der Elektronik in Bodenstationen und nicht in den Satelliten steckt, ist das System zwei- bis viermal billiger als die Konkurrenz, was sich dann in einem geplanten Minutenpreis von 0.35 Dollar für Mobiltelefone und 0.08 Dollar für festinstallierte Anlagen niederschlägt. Zwar ist das verwendete System wie bei Globalstar CDMA, jedoch werden die Geräte grösser sein müssen, da ja die zu überbrückende Entfernung grösser ist. Die Marketingstrategie von Ellipso richtet sich vor allem auf die Länder, die nur ein minimales Mobiltelefonnetz haben. Daher sind die Zielmärkte der ersten Ausbauphase auch die Ukraine und der Maghreb.

Internet statt TV

Die Betreiber von Fernseh-Satelliten stellen sich auf das Internet als Fernsehersatz ein. Astra - derzeit versorgt man 77 Millionen Haushalte in Europa mit Satelliten-Fernsehen - hat seine neue Satellitengeneration so ausgestattet, dass ein interaktiver Betrieb mit hohen Bandbreiten möglich wird. Diese Bandbreiten sind nur auf dem Rückkanal vorhanden. Der Hinkanal (vom Endbenutzer zur Station) läuft zwar beim neuen Astra-System auch über Satellit (womit man sich die Telefongebühren spart), hat aber nicht dieselbe Bandbreite.

Auf dem Hinkanal sind «nur» 144 bis 2'048 kbps vorgesehen, wobei die reale Datenrate von der Grösse der Antennen-Schüssel abhängt: Je grösser die Schüssel ist, desto mehr von dem gesendeten Signal kommt tatsächlich beim Satelliten an. Wenn aber weniger Signal verlorengeht, benötigt man auch weniger Kontrollbits, um diese Verluste auszugleichen, womit mehr nutzbare Datenrate anfällt.. Wahrend bei Kabelübertragungen etwa 10% Kontrollbits sind, sind das bei GSM schon 40% und bei Satelliten-Übertragungen bis zu 90% - «bis zu», denn dank intelligenter Übertragungsprotokolle wird die Menge Kontrollbits an die tatsächlichen Verluste angepasst, womit man auf reale Datenraten zwischen 144 kbps bei einer 65-cm-Schüssel und 2'048 kbps bei einer 120-cm-Schüssel kommt.

Der Rückkanal arbeitet nicht mit dem Internet-Protokoll, sondern mit MPEG-2 - der Komprimierungs-Standard ermöglicht eine Datenrate von 38 Mbps. Geplante Anwendungen sind neben einem Internet-Zugang, der an Geschwindigkeit alles, was man bisher hatte, weit in den Schatten stellt, vor allem firmeninterne Verbindungen verstreuter Zweigstellen, Videovorträge, bei denen im Unterschied zu Videokonferenzen nur auf einer Seite ein bewegtes Bild benötigt wird, Notfalleinrichtungen und schliesslich Nachrichteneinspeisung. Derzeit wird dieses System nur von einem Satelliten über West- und Mitteleuropa bereitgestellt, aber in den nächsten Jahren sollen weitere hinzukommen, womit nicht nur der abgedeckte Bereich auf Osteuropa und Teile des Nahen Ostens ausgedehnt wird, sondern auch die Zahl der gleichzeitigen Verbindungen mehr als verdoppelt wird.

Internet statt Telefon

Aus der anderen Richtung kommt Intelsat - eine Firma, die 143 Staaten dieser Erde gehört und seit 30 Jahren weltweite Telefonverbindungen erlaubt. Im Dezember sollen erste Schritte zur Privatisierung gesetzt werden, und Intelsat bereitet sich schon jetzt darauf vor. Denn mit der Zunahme an ozeanischen Glasfaserkabeln sind terrestrische Verbindungen vorhanden, wo man früher nur aufgeben oder den Satelliten nutzen konnte.

Auch gibt es drei Mitbewerber, die jetzt schon ähnliche Dienste wie Intelsat anbieten: PanAmSat/Hughes, ein Teil des Medienimperiums von Howard Hughes, Loral, die ausserdem an Globalstar beteiligt sind, und GE Americom, die Weltraumtochter von General Electrics.

Michael Köttl/fwk


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