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Es ist ein Faktum, dass sich der US-Konzern Qualcomm weigert, wichtige Patente (gegen Bezahlung) den europäischen Konkurrenten zu überlassen, wenn diese sich nicht darauf verständigen, ihren Standard-Vorschlag so abzuändern, dass er mit dem Qualcomm-Vorschlag kompatibel ist. Ericsson hat als bisher einziger europäischer Hersteller einen Akt der Notwehr gesetzt und festgelegt, dass man dann eben umgekehrt auch keine Patente durch Qualcomm nutzen lassen werde.

Inzwischen ist aber die Aufregung jenseits des grossen Teichs noch mehr gewachsen, und man forderte von EU-Kommissar Martin Bangemann eine Klarstellung. Unterschrieben war der Brief von US-Aussenminister Madeline Albright, US-Handelsminister William Daley, dem US-Handelsdelegierten Charles Barshefsky und FCC-Boss William Kennard.

Die erste Stellungnahme auf die Antwort kam vom Vorsitzenden der US-Fernmeldebehörde FCC und behauptete nicht mehr und nicht weniger, als dass die Suche nach einem einheitlichen Standard eine Reflexion des ursprünglichen monopolistischen europäischen Telekom-Umfeldes sei und wahrscheinlich dem Wettbewerb schaden wird.

Der Hintergrund

In der Mobiltelefonie spricht man von Generationen, die nicht unbedingt logisch eingeteilt sind: Die erste Generation waren die analogen Mobiltelefone, die zweite Generation sind die digitalen Systeme und die dritte Generation sollen digitale Breitbandsysteme sein.

Während es in der ersten Generation keinen eindeutigen Weltmarktführer gab, hat sich in der zweiten Generation der europäische Standard «GSM» als unbestrittener Leader entwickelt. Der US-Standard «cdmaOne», der auf CDMA basiert, kam über die USA fast nicht hinaus und ist auch dort nur einer von mehreren Standards, die eingesetzt werden (ausserdem noch GSM, TDMA/D-AMPS und PACS). Flugs erklärte man das verspätetet System mit einigen Adaptionen zu einem System der dritten Generation und schlug es bei der ITU vor.

Chinesisches

Neben dem europäischen Angebot UMTS (sowie den damit durchaus kompatiblen japanischen und koreanischen Vorschlägen) und mehreren, auf CDMA basierenden USA-Vorschlägen gibt es noch den Vorschlag der Chinesischen Akademie für Telekom-Wissenschaften (CATT), der den Vorteil hat, die von Qualcomm beanspruchten Patente nicht zu benötigen. Und nur der chinesische Vorschlag scheint bisher allen Ausschreibungsbedingungen der ITU zu entsprechen.

Damit wird das bisher Undenkbare langsam möglich. Siemens hat daraus bereits Konsequenzen gezogen und mit der CATT einen Vertrag abgeschlossen, der gemeinsame Entwicklung und Vermarktung vorsieht.

Noch ist der Evalutationsprozess in Genf nicht abgeschlossen, aber man kann im Licht der letzten Ereignisse sicher damit rechnen, dass der zuständige stellvertretende Generalsekretär der ITU peinlich darauf achten wird, dass alle Vorgaben exakt eingehalten werden - er stammt schliesslich aus China.

Die nächste ITU-Sitzung zu diesem Thema findet am 31. März 1999 statt und soll Schlüsselelemente der dritten Mobilfunkgeneration definieren, denn der endgültige Standard soll spätestens am 31. Dezember 1999 festgelegt sein.

Franz A. Köttl /fwk


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