Gemanagt in jeder Lebenslage

Wer von Zettelwirtschaft genug hat und nicht jedes Jahr seine Adresslisten in den neuen Kalender übertragen will, greift schon seit längerem zu einem Organizer. Mittlerweile sind diese Geräte bereits für jede Taschengrösse (Brief- und Jackentasche) lieferbar.


Organizer gibt es heute schon in fast allen Grössen: Vom einfachen Adressbuch und Kalender, der sonst eigentlich gar nichts kann, bis hin zum vollwertigen Westentaschencomputer für Leute mit kleinen Fingern. Immer mehr greift auch die Bedienung per Stift statt über die Tastatur um sich, wobei Schrifterkennung weniger gefragt ist. Denn offenbar sind die Benützer der Meinung, dass die Fehlerhäufigkeit bei der Erkennung von Handschrift durch die nachträglichen Korrekturen genauso viel Zeit erfordert wie das Eintippen über virtuelle Tastatur auf dem Bildschirm.

Schrifterkennung lite

Einzige Ausnahme bildet dabei der «PalmPilot» von 3Com/US Robotics, der allerdings keine wirkliche Schrifterkennung bietet, sondern es erforderlich macht, eine eigene Schrift namens «Grafitti» zu lernen. Diese Schrift besteht aus abgekürzten Symbolen, die - sobald man sie erlernt hat - schneller als normale Schriftzeichen zu schreiben sind. Um das Lernen zu erleichtern, wird auch ein Spiel angeboten, das entfernt an Tetris erinnert: Es fallen Buchstaben herunter, und man muss diese nachschreiben, bevor sie den unteren Bildschirmrand erreichen.

Die anderen Organizer mit Touchscreen geben sich etwas einfacher. Der «Cassiopeia» von Casio benötigt ohnehin keine Schrifterkennung, da er über eine vollständige Tastatur verfügt, wogegen der «Avigo 10» von Texas Instruments erwartet, dass der Benützer die Buchstaben mit dem Stift von einer virtuellen Tastatur pickt. Wer die virtuelle Tastatur auf «T9» einstellt, erhält neun grössere Kästchen, in denen jeweils drei Buchstaben stehen, ähnlich wie bei einem Telefon. Dahinter verbirgt sich ein Algorithmus, der selbständig geeignete Wörter aus seiner Liste sucht.

Für «Feder» beispielsweise würde man viermal in das Kästchen «def» und einmal in «pqrs» tippen. Da die Kästchen grösser sind, kann man sicherlich schneller tippen, ohne daneben zu geraten. Wer allerdings das Layout einer normalen Tastatur gewöhnt ist, muss sich schon umgewöhnen, wo er welchen Buchstaben findet. Der Algorithmus selbst ist relativ schnell und ziemlich gut in der Beurteilung, welches das wahrscheinlichste Wort ist. Ist der Benützer damit nicht zufrieden, kann aus einer Liste möglicher Wörter auswählen. Als Sprache ist neben dem voreingestellten Englisch auch Deutsch, Französisch, Italienisch und Spanisch verfügbar, die man von der Begleit-CD einspielen kann.

Der Strom kommt nicht aus der Steckdose ...

... sondern im allgemeinen aus der Batterie. Natürlich lässt sich auch ein Netzgerät anschliessen, aber der Regelfall ist doch, dass der Organizer alleine unterwegs ist, und man daher auf die Leistung der Batterien angewiesen ist. Ebenso ist es die Regel, dass es neben der Hauptbatterie eine Backup-Batterie gibt, die während des Hauptbatteriewechsels die Aufrechterhaltung des Datenspeichers übernimmt. Doch wie gesagt ist es nur eine Regel, und deshalb gibt es natürlich auch eine Ausnahme: Den PalmPilot, der auf eine Zweitstromquelle verzichtet. Dafür gibt es eine interne Kapazität, die für rund eine Minute den Speicherinhalt aufrecht erhält. Diese Zeit sollte genügen, um die Batterien zu wechseln.

Auf alle Fälle lassen sich die Hauptbatterien bei allen Geräten leicht wechseln. Interessanter sind da schon die Methoden zur Entsicherung der Fächer für die Knopfzellen, die als Backup-Batterien dienen. Beim Cassiopeia muss man einen spitzen Gegenstand -zum Beispiel einen Kugelschreiber - in ein Loch drücken, um die Abdeckung herunterzunehmen. Beim Avigo dagegen bnötigt man sogar einen Schraubenzieher, da die Batterie durch einen angeschraubten Metallbügel gesichert ist. Lediglich beim PocketMate kommt man ohne Werkzeug aus. Da hier sowohl die Hauptbatterie als auch die Backup-Batterie als Knopfzellen ausgelegt sind, gibt es einfach zwei gleichartige Fächer und einen Schieber. Ist dieser in der Mittelstellung, sind beide Fächer gesperrt. Ist er hingegen auf einer der beiden Seiten, lässt sich das entsprechende Fach öffnen.

Wie finde ich mich zurecht?

Das «Zurechtfinden» geht für den Ungeübten wohl beim Casio am einfachsten. Denn hier findet der Benützer das Betriebssystem Windows CE, das heisst die Oberfläche ist für jeden verständlich, der einmal mit Windows 95/NT gearbeitet hat. Dank Version 2.0 gibt es nun auch eine deutsche Version, die ja für CE 1.0 nie herausgekommen ist. Die Bedienung erfolgt wahlweise über den Stift, der als Mausersatz dient, oder über die Tastatur. Denn die meisten der gewohnten Befehle, die mit [Alt] anfangen, gibt es natürlich auch hier. Die vorinstallierte Software leistet alles, was ein Organizer können muss, und zusätzlich einige Funktionen, wie sie früher ein Notebook hatte (die ja heute oft schon mehr können als ein Desktop - aber das ist eine andere Geschichte ...).

Als Grundausstattung muss man natürlich einmal Kalender, Aufgabenliste und Adressverzeichnis betrachten. Diese Funktionalitäten werden von Pocket Outlook zur Verfügung gestellt, das - nomen est omen - nicht nur eine ähnliche Bedieneroberfläche wie MS Outlook hat, sondern auch dieselben Funktionen.

Ebenso wie bei Outlook wird hier die traditionelle Funktion des Organizer um eine Postverwaltung erweitert, die über ein E-Mail Programm die Post verwalten kann. Als geeignetes Programm ist natürlich der Pocket Internet Explorer vorhanden. In diesem Bereich gibt es von Netscape noch kein geeignetes Programm, weshalb man beim Surfen im Web vorerst nicht mit einer Klage, sondern nur mit den hohen Telefonkosten rechnen muss. Denn mobil telefonieren ist zwar teilweise schon billiger als im Festnetz (insbesondere zu einem anderen Mobiltelefon), aber immer noch teurer als die Online-Tarife, die man beim Internet-Zugang über eine feste Leitung zu berappen hat.

Doch Microsoft hat noch mehr Programme mit Windows CE gebündelt: Unter dem Namen Pocket Office verbergen sich abgespeckte Versionen von Word, Excel und PowerPoint. Diese wurden allerdings nicht vollständig übersetzt. So sind zum Beispiel die Tastenkürzel, mit denen man den Text formatiert, noch englisch (Strg+B für Fett, statt Strg+F). Auch ist der «Rechtsklick», der in Win '95 ja für viele hilfreiche Funktionen verwendet wird, in WinCE durch Strg+Alt+ Tippen realisiert, funktioniert aber nur auf dem Desktop und wird weder von Pocket Outlook noch von Pocket Office unterstützt.

Unterstützt werden aber Projektoren, wobei PowerPoint bei Folien, bei denen Notizzettel vorhanden sind, diese auf dem Bildschirm anzeigt, und die Folie auf dem Projektor.

Die Pocket-Version unterstützt aber keine Animationen und Übergänge. Auch lassen sich keine Präsentationen erstellen, sondern nur der Text der Titelfolie bearbeiten. Führt man die Präsentation auf dem Handheld selbst durch - vermutlich nur für eine Person - kann man auf den Folien zeichnen, was aber nicht abgespeichert wird.

Zusätzlich hat Casio noch zwei eigene Programme vorinstalliert: PaintAtlas und SoundVega. Mit ersterem kann der Benützer einfache Grafiken im GIF-Format erstellen, wobei neben Strichen, Rechtecken und Ellipsen auch Strassen und Eisenbahnen vorhanden sind, da man offenbar angenommen hat, diese Skizzen würden öfter kleine Landkarten darstellen.

SoundVega dagegen bearbeitet WAV-Dateien. Auf diese Art ersetzt der Cassiopeia auch das Tonbandgerät. Doch Vorsicht: Man muss mit etwa 0,5 MByte Speicher pro Minute Ton rechnen.

Gleich und doch verschieden

Unter dieses Motto könnte man den PalmPilot und den Avigo stellen. Beides sind Geräte im Format eines Notizblocks, die sich ausschliesslich an den Stift als Eingabemittel halten. Ebenso verwenden beide ein proprietäres Betriebssystem, das über die Dockingstation mit Windows-Programmen zusammenarbeiten soll. Doch hier hören die Ähnlichkeiten auch schon wieder auf. Denn während der Avigo im Bündel mit dem Lotus Organizer 97 verkauft wird, hat 3Com/US Robotics seine eigene Software namens PalmPilot Desktop beigefügt.

Auch das Aussehen der Geräte selbst unterscheidet sich etwas, denn der PalmPilot ist in einer versteiften Kunstlederhülle untergebracht, während der Avigo sich offenbar auf den Apple Newton besonnen hat und eine Klappe zum Schutz des Bildschirms verwendet. Dabei ist die Taste, welche die Klappe entriegelt, gleichzeitig die Ein/Aus-Taste, so dass man das Gerät mit einem Fingerdruck in Betrieb nehmen kann. Dagegen ist beim PalmPilot das erste Einschalten ohne Handbuch etwas verwirrend, da der Schalter mit dem Symbol einer Glühbirne gekennzeichnet ist. Das rührt daher, dass man die Hintergrundbeleuchtung durch einen längeren Druck auf diese Taste aktiviert. Um zu vermeiden, dass der Benützer das Gerät versehentlich ausschaltet, ist es empfehlenswert, erst auszuschalten, nachdem das Licht aktiviert ist.

Einig sind sich die Geräte aber darin, dass die häufig verwendeten Applikationen neben virtuellen Tasten auf der Anzeige auch reale Tasten unterhalb des Bildschirms haben. Ebenfalls haben beide Geräte bei diesen physischen Tasten auch einen Wippschalter zum Scrollen in Texten oder Listen.

Die Standardfunktionen von Kalender, Adressverwaltung und Notizblock sind natürlich bei beiden Rechnern vorhanden - wobei anzumerken ist, dass beide die Termine in Fünf-Minuten-Schritten verwalten -, doch eignen sich beide Modelle nicht wirklich zum Eingeben längerer Texte.

Unterschiedlicher fällt da schon die Ausstattung an zusätzlicher Software aus. Der Avigo erlaubt es zum Beispiel, eine komplette Ausgabenrechnung nach Kategorien sortiert vorzunehmen, während der Benützer mit dem PalmPilot nur die Daten erfassen kann und sie anschliessend mit Excel auswertet, das dann allerdings in bester statistischer Qualität, wobei auf der PalmPilot CD auch die entsprechenden Excel-Vorlagen vorhanden sind.

Auch lassen sich mit dem Avigo Zeichnungen erstellen, wobei für Ampeln, Häuser, Autos, Pfeile und andere häufig benutzte Symbole schon vorgefertigte Objekte vorhanden sind, die man rasch und leicht einfügen kann. Bei der Auswahl der Symbole scheinen die Hersteller insbesondere an des Erstellen von Strassenplänen und Skizzen von Gängen in grösseren Gebäuden gedacht zu haben, aber das sind ja wahrscheinlich die häufigsten Grafiken, die man auf einem Organizer erstellt. Andererseits gibt es auf dem Avigo keine Spiele, während sich auf dem PalmPilot von der CD - oder auch von Drittanbietern - Spiele installieren lassen. Denn was soll der Benützer tun, der eine Stunde auf dem Flughafen warten muss, die Adressen schon alle geordnet und die Termine aktualisiert hat?

Das ist alles so kompliziert

Wem alle diese Geräte zu schwierig sind, der kann von Texas Instruments auch etwas kleineres bekommen. Klein aber nicht in den Aussenmassen, da man auf einer Checkkarte schwerlich eine bedienbare Tastatur unterbringen würde - und die hat der PocketMate. Klein vielmehr, wenn man die Funktionen mit denen anderer Geräte vergleicht. Es gibt einen Kalender, der, wenn er aufgerufen wird, automatisch den nächstgelegenen Termin anzeigt und auch eine Monatsübersicht geben kann. Auch ein Adressbuch ist vorhanden, mit dem sich drei getrennte Adresslisten führen lassen, sowie ein Notizblock und ein Rechner sowie eine Weltzeituhr.

Befehle werden über die Zifferntasten des getrennten Ziffernblocks aus Listen ausgewählt, während die einzelnen Programme direkt über separate Funktionstasten gestartet werden. Natürlich ist auch hier ein Abgleich mit dem PC möglich, und zwar - wie bei allen Organizer-Modellen von Texas Instruments - auf den Lotus Organizer 97, der wie beim Avigo im Paket mit dem PocketMate abgegeben wird.

Der PocketMate ist sicherlich ein recht einfaches Gerät, und auch die grobe Display-Auflösung in sechs Zeilen zu je 24 Zeichen, die wiederum aus 6 x 5 Bildpunkten aufgebaut sind, trägt nicht zum Gesamteindruck bei. Allerdings ist es klar lesbar, und die Funktionen erfüllen das, was man von einem Organizer erwartet: Das Verwalten von Terminen, Adressen und Notizzetteln. Alles andere ist nur schmückendes Beiwerk.

Michael Köttl/fwk


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