FUTUREWATCH

Das Bedürfnis nach schneller Datenübertragung auch im mobilen Bereich ist nicht neu. Neu ist aber, dass jetzt erstmals Schritte in die Richtung getan werden, die uns in wenigen Jahren zu Übertragungsgeschwindigkeiten von bis zu zwei Megabit pro Sekunde verhelfen werden.


Wenn heute von 2-Mbit-Leitungen die Rede ist, geht es meist entweder um Leitungen, über die ein Internet-Provider selbst ins Ausland verfügt - oder um hausinterne Leitungen der EDV. Was die Normer beim europäischen ETSI und ihre japanischen Kollegen planen, bedeutet nichts anderes, als eine Übertragungskapazität, wie sie heute nur gute Internet-Provider zur Verfügung haben, auf das Handy zu bringen.

Heutige Übertragungsleistungen bei GSM-Handys gehen ohne Kompression bis 9'600 Bit/Sekunde und mit Kompression bis zu 14'400. Festnetzanschlüsse können mit der aktuellen ISDN-Technik auf 64'000 Bit/Sekunde kommen. Mit ADSL werden viel höhere Leistungen möglich sein - aber das hängt davon ab, ob der Netzbetreiber auch die entsprechenden Installationen in seinen Vermittlungszentralen durchführt.

Quasi standortunabhängig sind heute (abgesehen von mobilen VSAT-Satelliten-Verbindungen) nur ISDN-Leitungen, und wirklich unabhängig von der Lokalität sind eben nur Mobiltelefone.

Die Ausgangslage

Die zuletzt erhobenen Werte (1997) zeigen, dass nur etwa zwei Prozent des gesamten GSM-Verkehrs durch Datenübertragung generiert werden. Bei immer stärker sinkenden Gesprächsgebühren sind die Netzbetreiber natürlich daran interessiert, ihre Einnahmen zu steigern, und da bietet sich die Datenübertragung geradezu an.

Die geringe Nutzung von Datenübertragungsmöglichkeiten betrifft nicht den Kurznachrichtendienst SMS, der das am schnellsten wachsende Segment im GSM-Geschäft darstellt. So dient SMS als Basis von etwas, das meist «smart messaging» genannt wird und Eigenschaften des Internets ebenso beinhalten soll wie die Möglichkeit, längere Texte als die von der bisherigen Spezifikation erlaubten 160 Zeichen zu übermitteln.

Andere Formen der Datenübertragung leiden nach nach wie vor unter den proprietären Schnittstellen an den Handys, den teuren und ausserdem stromfressenden PCMCIA-Karten und vor allem daran, dass man wenigstens zwei Geräte mitführen muss. Schliesslich darf die vergleichsweise niedrige Übertragungsrate im Mobiltelefonnetz durchaus auch als Hindernis für eine breite Akzeptanz gelten.

Die ersten Schritte

Was 1997 angekündigt wurde, wird 1998 lieferbar: GSM-Telefone auf einer PCMCIA-Karte, Softmodems, durch die man die Modems überhaupt einsparen kann und schliesslich ist jetzt auch die Auswahl an All-in-One-Geräten dramatisch gestiegen. Nicht nur Nokia, sondern auch Firmen wie Alcatel, Philips und Sharp liefern "Smart Phones". Andere Hersteller wie etwa Ericsson setzen auf Infrarot und können stolz einen winzigen Anstecker für das Handy liefern, der die drahtlose Verbindung zum Computer herstellt.

Ein anderer wichtiger Ansatz heisst WAP. Mit WAP sollen die Ansätze verschiedener Hersteller wie etwa Nokia oder Motorola unter einen Hut gebracht werden, die darauf abzielen, ähnlich wie im Internet Informationen am Handy darzustellen, die auf irgend einem Server im Netz liegen. Das wesentliche Ziel ist - ähnlich wie bei Java - die Unabhängigkeit von speziellen Plattformen zu erreichen.

Die nahe Zukunft

Einer der ersten wichtigen Schritte in Richtung Übertragung grösserer Datenmengen ist sicher die Einführung von GPRS in GSM. Die bisherige Technik stellt - trotz der Teilung des Übertragungsweges durch das im GSM verwendete Zeitschlitzverfahren - praktisch für die Dauer der Verbindung eine einfache Leitung dar. GPRS wird es ermöglichen, die Paketvermittlungstechnik auch im GSM zu nutzen und durch die Nutzung von bis zu vier Kanälen Datenübertragungsraten von mehr als 20 Kilobit zu erreichen.

Durch eine spezielle Technik können dann bis zu acht solcher Kanalgruppen parallel laufen, womit man dann über heutige GSM-Netze rund 170 Kilobit pro Sekunde übertragen kann. Die Einführung von GPRS ist spätestens mit Beginn des Jahres 2000 zu erwarten - und dann sind es ja nur mehr zwei Jahre bis zum Start von UMTS, das nach dem Willen der Europäer und Japaner auf dem Standard UTRA basieren soll. Und UMTS soll Datenraten von bis zu zwei Megabit ermöglichen. Wer dann auf seinem Handy die Fernsehnachrichten sehen will, braucht nur mehr den Sender anwählen - wenn dieser über einen Server verfügt.

Die ferne Zukunft

Wenn wir ein Zitat von Simon Poole (technischer Direktor von EUnet International) aus seinem Vortrag anlässlich des von MOBILE TIMES mitgetragenen «Telecommunications Summit» in Zürich nehmen «Fixed line voice service will simply be obsolete» (Sprachtelefonie über das Festnetz wird einfach veraltet sein), dann erkennen wir, dass schon jetzt absehbar ist, dass das normale Telefon daheim wohl bald ausgedient haben wird.

In der Datenübertragung wird es wohl noch etwas länger dauern, denn dafür fehlen im Funk bislang einfach die Kapazitäten. Aber wenn wir Pooles Ansatz weiter denken, dann ist durchaus vorstellbar, dass irgendwann im nächsten Jahrzehnt auch ein wesentlicher Anteil des Datenverkehrs über den Funkweg geht. Das wird einfach billiger sein, als immer neue Kabel zu verlegen oder alte zu reparieren.

Vollständig werden die Kabel sicher nicht verschwinden, aber für den privaten Anwender ist es schon abzusehen, dass das klassische Festnetz-Telefon im heutigen Sinne bald ausgedient hat.

Franz A. Köttl/fwk


Verwendete Abkürzungen:

ADSLAsynchronous Digital Subscriber Line
EDVElektronische Datenverarbeitung
ETSIEuropean Telecommunication Standards Institute
GPRSGeneral Packet Radio Service
GSMGlobal System for Mobile Communication
HSCDHigh Speed Circuit-Switched Data
ISDNIntegrated Services Digital Network
PCMCIAPersonal Computer Memory Card Interface Assoc.
SMSShort Messaging Service
UMTSUniversal Mobile Telephone System
UTRAUniversal Terrestrial Radio Access
VSATVery Small Aperture Terminal
WAPWireless Application Protocol


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