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Artikel aus Mobile Times 3

Keiner ist optimal ...

... aber brauchbar sind sie alle.

Organizer und Handy wachsen schneller zusammen als wir uns das noch vor einem Jahr erwartet haben. Jüngster Beweis ist der Mobile Companion, der nicht von einem Computerhersteller, sondern vom Handy-Spezialisten Ericsson geliefert wird und auf das Zusammenspiel mit dem Mobiltelefon optimiert wurde.


Bei den heute erhältlichen Organizers kommt es wohl darauf an, wo die eigenen Einsatzschwerpunkte liegen. Wer unterwegs viel schreiben will, ist mit dem Psion 5, der mit ausfaltbarer Tastatur über die zum Tippen geeignetste Eingabemöglichkeit verfügt, bestens bedient. Wer ein Gerät sucht, das auf Kommunikation spezialisiert ist, findet im Nokia Communicator die erste Wahl. Braucht man beide Funktionen, ist wohl der Kompromiss eines Windows CE H/PC (Handheld/ PC) einzugehen - es sei denn, man arbeitet mit Windows NT.

MOBILE TIMES hat in den letzten Wochen - teilweise gemeinsam mit Ing. Hevera von Motorola - eine Anzahl Konfigurationen und Geräte getestet, die für den professionellen Einsatz geeignet erscheinen. Voraussetzung war immer entweder ein integriertes Mobiltelefon oder die Kombination mit einem solchen.

Die Zwillinge

Von Ericsson kam der MC12 (MC = Mobile Companion) mit Windows CE 1.0. Das von uns gewählte Ericsson GS18 wurde ebenfalls zur Verfügung gestellt, doch eignet es sich nicht für die Kombination mit dem MC12, weil die Schnittstellen (Stecker) unterschiedlich sind. Dafür arbeitet der MC12 hervorragend mit dem GH 688 und vermutlich auch mit dem GF 788 zusammen. Als Zwilling kam der HP 320 LX dazu, der von Ing. Hevera mit der PC-Karte Motorola CELLect 3+ und dem Handy Motorola 8700 getestet wurde.

Die Kommunikation über das GSM-Netz funktioniert mit beiden Kombinationen - wenn die Empfangsfeldstärke ausreicht - ohne Probleme. Die Synchronisierung der Daten mit dem Desktop-PC stellt unter Windows 95 ebenfalls kein Problem dar. Keine Lösung fanden wir dagegen für die Kommunikation mit einem NT-Rechner, was wir uns nur so erklären können, dass Windows CE als reine Extension für Windows 95 gedacht ist. Darauf deutet auch hin, dass man einen H/PC nur mit einem Desktop-PC bzw. umgekehrt «paaren» kann. Die Möglichkeit, den H/PC sowohl mit dem Home- als auch mit dem Büro-PC Termine abgleichen zu lassen, wird ausgeschlossen. Ebenso entfällt die Möglichkeit, dass zwei Personen in einem Haushalt ihre beiden Pocketrechner mit dem einen Home-Rechner, auf dem sich die gemeinsamen Termine befinden, abgleichen können.

Die Ausstattung aller H/PC-Rechner wird durch Microsoft ziemlich weitgehend normiert. Übernimmt Microsoft, nachdem Apple weltweit unter fünf Prozent Marktanteil gesunken ist, die dortige Geschäftspolitik? Lässt der Softwareriese den Herstellern nur bis zu einem gewissen Grad die Möglichkeit, eigene Ideen zu verwirklichen? Denn alle Geräte müssen über einen Eingabestift verfügen, für das Display ist eine Hintergrundbeleuchtung vorgeschrieben, eine Infrarotschnittstelle muss vorhanden sein usw.

Obwohl der Ericsson MC12 und der HP 320 LX baugleiche Geräte sind, beginnt dennoch bereits hier die Qual der Wahl (abgesehen von der Gehäusefarbe), denn die Ausstattung beider Packungen ist ziemlich unterschiedlich:

Der HP 320 LX kommt mit einer Docking-Station, an die das serielle Kabel zur Verbindung mit dem Desktop-Computer fest montiert ist. Das Kabel des Ladegeräts lässt sich entweder direkt an das Gerät oder an die Docking-Station anschliessen. An Software werden zwei CD-ROMs mit den entsprechenden Handbüchern mitgeliefert. CD Nummer 1 enthält die Windows CE-Software und die zweite Scheibe HP-eigene Software wie etwa den Personal Information Manager (PIM).

Der MC12 wird mit keiner Docking-Station angeboten, dafür mit einem Lederetui, in das der H/PC samt dem Telefonanschlusskabel mit Haftstreifen befestigt wird. Der H/PC verfügt über ein im Flash Memory Card Slot eingebautes Ericsson-Modem, das sich im rechten Erweiterungsschlitz des Gerätes befindet. Der Anschluss des Mobiltelefons erfolgt über ein Spiralkabel, das an der seriellen Schnittstelle des MC12 sitzt.

Synchronisieren oder nicht synchronisieren? Dies ist nach unseren Tests eine der wichtigsten Fragen, die man sich bei beiden H/PCs stellen muss. Während nämlich das Synchronisieren mit dem HP absolut problemlos ist - die Einheit wird einfach in die ständig am Desktop angeschlossene Docking-Station eingeschoben -, wird man sich diese Prozedur beim MC12 zweimal überlegen: Zuerst muss man den Handy-Anschluss aus der Schnittstelle entfernen und dann das Verbindungskabel zum Computer anschliessen, das sich im Normalfall (wenn es nicht benutzt wird) wohl meist irgendwo am Fussboden hinter dem Schreibtisch verkriechen wird. Auch der Erwerb einer Docking-Station dürfte das Problem eher nicht lösen, denn dann müsste man den MC12 aus der Hülle reissen und ausserdem die Haftstreifen entfernen. Die wirklich tolle Hülle muss man natürlich nicht verwenden, aber dann wird der Benützer wohl im Ernstfall dauernd nach dem Handy-Kabel suchen.

Beim HP hat man das Problem, dass der PCMCIA-Slot mit einer Karte für das Mobiltelefon belegt wird. Dafür lässt sich durch den freien Memory-Slot der Speicher des Geräts ordentlich erweitern.

Nach unserer Meinung ist der HP 320 LX in der vorliegenden Ausstattung für Leute, welche die meiste Zeit im Büro verbringen und nur abends oder am Wochenende ihren H/PC aus der Docking-Station nehmen, die bessere Lösung. Dagegen stellt der MC12 mit seiner Ausstattung für «Road Warriors», die viel unterwegs sind und nur rasch im Büro ihre Termine updaten wollen, die interessantere Alternative dar.

Ericsson plant hierzulande nicht, den MC12 einzuführen, weshalb sich Schweizer Anwender nicht so genau wie österreichische oder deutsche Nutzer über Vor- und Nachteile informieren müssen.

CE-Futures

Kürzlich wurden die ersten CE-H/PCs mit Farbdisplay und Windows CE 2.0 vorgestellt. Die ersten Geräte sollten in Europa spätestens im Februar auf dem Markt sein.

Der Klassiker

Der Nokia Communicator 9000 bzw. mit der neuen Software das Modell 9000i ist ein kompromissloses Unterwegs-Gerät. Alles findet sich in einem Gehäuse, das sowohl Mobiltelefon als auch Computer enthält. Damit ist die Displaygrösse leider stark beschränkt. Obwohl es sehr scharf zeichnet, sind die Zeichen für Augen, die nicht vom Adler stammen, besonders bei schlechten Lichtverhältnissen schwer zu entziffern.

Aber viel muss der Benützer vielleicht ohnehin nicht lesen können, denn die Bedienung des Geräts ist - einmal eingerichtet - ein Klacks. Wer eine SMS-Nachricht senden will, drückt die Taste «SMS», im nächsten Bild die Taste «Kurzmitteilung erstellen», tippt im dann erscheinenden Feld seinen Text, dann die Taste «Empfänger». Es erscheint eine Namensliste aller Partner, die SMS empfangen können. Durch zwei Tasten «Hinauf» bzw. «Hinunter» bewegt man einen Balken über den Namen des Ziels, wählt es aus und drückt im nächsten Schirm auf «Senden». Um alles weitere kümmert sich der Taschenrechner. Ist etwa keine GSM-Station in der Nähe, setzt er die Nachricht eben dann ab, wenn es wieder möglich ist.

Genauso funktioniert es mit den Diensten Telefon sowie Fax und sehr ähnlich mit Internet. Der Benützer muss immer nur die im Volltext erscheinenden Befehle über die Fixtasten bzw. die Softkeys drücken und eigentlich wenig wissen, was da eigentlich geschieht, denn der Communicator weiss selbst, welche Rufnummern für welche Art der Verbindung geeignet sind. Nur solche erscheinen zur Auswahl.

Die Software des 9000i macht übrigens das Versenden von SMS, die länger als 160 Zeichen sind, möglich. Der Trick: Die Nachricht wird in einzelne Pakete zerlegt, die nicht grösser als 160 Zeichen sind. Aber das muss man auch nicht wissen, denn das macht der Communicator auch alleine.

Als Kommunikationswerkzeug ist der Communicator derzeit konkurrenzlos. Was ihm zum Idealgerät fehlt, ist eine Hintergrundbeleuchtung (Energiespargründe), die Möglichkeit der Schriftvergrösserung und eine grössere Tastatur für Benützer, die unterwegs längere Texte produzieren müssen. Gäbe es dann noch eine mechanische Schnittstelle zum heimischen Desktop - verbunden mit einer Software zum Abgleich der Daten mit dem PC - serienmässig, wäre der Communicator überhaupt nicht aufzuhalten. Zum Glück für den Mitbewerb schliessen sich einige der Forderungen an ein Idealgerät gegenseitig aus, womit noch viel Platz für innovative Ideen bleibt.

Der einsame Wolf

Der Psion 5 ist für viele Leser von MOBILE TIMES ein ständiger Begleiter. Als Organizer ist er wohl das derzeit beste Gerät auf dem Markt. Seine patentierte Tastatur und sein Display mit Zoom-Funktionen sind ebenso Highlights wie seine integrierten Programme, die auch mit Windows 95 anstandslos kommunizieren können. Die Synchronisierung mit dem Desktop ist relativ problemlos möglich - eine Docking-Station ist von Drittanbietern in Vorbereitung, aber leider noch nicht lieferbar. Das Softwareangebot ist noch eher mager, wird aber von Tag zu Tag besser und umfangreicher. Wie aber hält es dieser Top-Organizer, dessen Betriebssystem EPOC-32 demnächst auch in Smart-Phones von Philips zu finden sein wird, mit der Mobilkommunikation?

Das bei der Präsentation des Psion 5 versprochene Soft-Modem gibt es leider noch nicht. Dafür kann der Benützer aber gratis ab Internet zwei inkompatible Softwareprogramme beziehen: EasyFax und Message Suite.

EasyFax ist, wie der Name schon sagt, ein reines Fax-Programm. Es benötigt ein Hayes-kompatibles Modem bzw. eine entsprechende PC-Card und die passenden Kabel. Für die PC-Card ist ausserdem noch der schon vom Psion 3 bzw. 3a bekannte PC-Card-Adapter erforderlich.

Die Hardware-Voraussetzungen sind für die Message Suite gleich. Nach der Installation lässt sich aber erkennen, dass Message Suite bereits ein sehr modernes Programm ist, das explizit für den Psion 5 geschrieben wurde. Die Tatsache, dass man es gratis aus dem Internet herunterladen darf, ist kein Wertkriterium, sondern zeigt vielmehr, dass es eigentlich bereits bei der Präsentation des Psion 5 hätte fertig sein sollen - wahrscheinlich wird es demnächst schon bei den neu zu liefernden Geräten dabei sein. Die Message Suite ist für Fax, Datenübertragung, E-Mail und Internet-Surfen ausgelegt, lässt also derzeit keinen Wunsch offen.

Bleibt das Hardwareproblem: Psion + Handy sind bereits zwei Trümmer, die man mitschleppen muss. Ist auch noch ein PC-Card-Adapter im Gepäck, wird es mühsam, wenn auch, wie die entsprechenden Tests, die Motorola für uns durchführte, zeigten, dass die Zusammenarbeit der Komponenten keine ernsthaften Probleme zeigt.

Eine interessante Variante müssen wir noch erproben: Psion 5 + Ascom Axento. Von Ascom gibt es nämlich ein Kabel, mit dem der Direktanschluss des Axento an den Psion 5 möglich ist. Theoretisch sollte es dann praktikabel sein, unterwegs ohne Modem auszukommen. Die Tests müssen wir allerdings erst durchführen.

Smart-Phones

Für viele Zwecke werden in Zukunft sogenannte «Smart Phones» zum Einsatz kommen. Diese Geräte sehen auf den ersten Blick wie Handys aus, können aber deutlich mehr. Erhältlich ist zum Beispiel schon der PMC MC-G1 von Sharp (siehe MOBILE TIMES 2). «Smart Phones» haben ein druckempfindliches Display, keine normale Tastatur (ausser eventuell den Ziffernblock), aber die Möglichkeit der Stifteingabe ähnlich dem Pilot von US Robotics/3Com. Das macht sie zu einer Art elektronischem Notizbuch mit Kommunikationsfunktion. Denkbar ist, dass derartige Geräte sogar für spezielle Anwendungen massgeschneidert werden. Vielleicht kommt demnächst der vertraute «Wassermann» mit einem «Smart Phone» zur Ablesung des Zählerstandes?

Im nächsten Heft wollen wir einige Handys in Kombination mit einem Notebook unter die Lupe nehmen, welche die Datenumsetzung vom PC auf GSM bereits eingebaut haben: Ascom Axento, Ericsson GS18 und Sagem RD 435 S.

Franz A. Köttl/fwk




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