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Artikel aus Mobile Times 2

GSM-Praxis Australien

Australien - ein Land «Down Under» oder eher, wie manche Australier meinen, «Up On Top», wenn bloss auf den Weltkarten Süden oben wäre - ist eigentlich eine grosse, rostrote Wüstenschüssel mit einem aufgebogenen Rand, der dichter besiedelt ist. Dennoch war Australien das erste aussereuropäische Land, das den GSM-Standard angenommen hat. Inzwischen buhlen drei GSM-Netze um die Gunst der Mobiltelefonierer. Ob und wie sich das auswirkt, lesen Sie hier.


Mobil in «Down Under»

Auch am anderen Ende der Welt sind die Menschen mobil unterwegs. In Australien erlebt der Mobilfunkmarkt einen regelrechten Boom, vergleichbar mit Europa, doch ist in «Down Under» das Handy kein Statussymbol wie noch bei uns, sondern ein Gebrauchsgegenstand. Jeder trägt sein Handy in der Tasche am Gürtel, die Telefone klingeln überall, und es würde niemandem einfallen, sich nach dem Läuten umzudrehen bzw. sich über einen Mobiltelefonierer zu mokieren. Nur in Lokalen und Restaurants wird von den Aussies eher die Funkstille bevorzugt und das Handy bleibt ausgeschaltet.

Der Netzausbau ist eine Lebensaufgabe

Sehr anders als in Europa ist aber der Netzausbau! Man muss bedenken, dass die australischen Telefongesellschaften einen Kontinent mit 7'680'000 km² Fläche abdecken müssen und nicht etwa ein kleines Land wie die Betreiber in Europa (Schweiz: 41'288 km²). Daher ist eigentlich niemand böse, wenn das Telefon einmal keinen Empfang hat. Allerdings bieten die Netze dort, wo sie auf den Karten als funktionierend eingezeichnet sind, überall vollen Empfang!

Es gibt eigentlich nicht viele Unterschiede zwischen den drei Netzen. Das wohl am besten ausgebaute ist das «MobileNet» von Telstra. Danach kommen «OPTUS» und «networkVODAFONE», wobei die Australier von letzterem nicht besonders überzeugt sind - warum, konnte ich leider nicht herausfinden.

A1 problemlos, max (noch?) nicht

(Anm.: Der österreichische Autor testete die australische GSM-Praxis mit seinem Natel. Daher beziehen sich seine Angaben auch auf die Gegebenheiten in unserem Nachbarland). Mit A1 kann man sich problemlos über alle drei Betreiber einbuchen und in bester Qualität telefonieren. max.mobil hatte zum Zeitpunkt meines Aufenthalts in Australien noch kein Roaming-Abkommen mit einem der australischen Betreiber, ich konnte mich aber dennoch einmal einbuchen und telefonieren. Dies geschah am 6. September in der Minenstadt Mt. Isa über OPTUS. Man hat mir bei der max.hotline die Auskunft gegeben, dass ich in eine Testphase gerutscht sei. Nach letzten Informationen von der max.hotline gibt es derzeit Verhandlungen mit Vodafone, und es wird sich wahrscheinlich in den nächsten Monaten entscheiden, wer Roaming-Partner von max.mobil wird. Von der Schweiz aus bestehen bereits Roaming-Verträge mit allen drei australischen Netzbetreibern, wodurch das Roamen keine Probleme geben sollte.

Mit +43 im Speicher direkte Verbindung

Hat man die österreichischen Nummern unter +43 gespeichert, wird die Vorwahl 001143 für Österreich automatisch richtig gewählt, und man hat immer eine wirklich glasklare Verbindung. Für Schweizer Mobiltelefonierer gilt die gleiche Technik, nur mit der Vorwahl +41. Auch der oft in Telefonzellen auftretende Effekt, dass die Sätze etwas zeitverzögert «ankommen», weil man doch etwas weit von zu Hause weg ist, trat nicht auf.

Versorgungsstand

Grundsätzlich haben die australischen Netzbetreiber die Ostküste entlang des Highway Number One sehr gut ausgebaut. Gleiches gilt im Südosten des Landes mit den Ballungszentren Canberra, Melbourne und Adelaide sowie die Insel Tasmanien. Schlecht schaut's dann im Zentrum aus, wobei das Zentrum in meiner Beschreibung schon 200 km von der Küste entfernt anfängt.

OPTUS versorgt hier zum Beispiel nur mehr den Bereich von Griffith über Dubbo bis nach Dalby und im Zentrum überhaupt nur die Städte Emerald, Mt. Isa und Alice Springs. Auch die Westküste wurde ziemlich vernachlässigt, wo man nur im Grossraum Perth, Geraldton, Karratha, Kalgoorlie und Albany mobil telefonieren kann. An der Nordküste funktioniert das Netz überhaupt nur in Darwin und Katherine. Telstra versorgt schon einige Städte mehr, da man einen Vorsprung hatte: Es ist das staatliche Netz, und man hatte schon die viele Sendemasten aufgestellt, da Telstra das einzige analoge australische Netz betreibt (vergleichbar mit dem Natel-C). Also wurden viele Sender doppelt belegt, analog und digital. Die Telefongesellschaft ist vor allem in Coober Pedy sehr beliebt. Die kleine Stadt - rund 350 km nördlich von Adelaide - beheimatet grösstenteils Opalsucher. Diese haben tiefe Minen, in denen natürlich einiges passieren kann. Auf Anfrage der Einwohner hat sich Telstra als einzige Gesellschaft dazu bereit erklärt, die Stadt mit MobileNet zu versorgen. Dies noch dazu so, dass die Telefone auch bis in die Schächte hinab funktionieren. Daher hat eigentlich jeder in Coober Pedy ein MobileNet Telefon.

Vodafone hat die kleinste Versorgung mit 87% der Bevölkerung. Es werden die Ballungszentren versorgt, das war's dann aber. Sobald man sich von den grösseren Städten ein paar Kilometer entfernt, bleibt das Telefon still. Das Zentrum Australiens wird von Vodafone überhaupt nicht versorgt, das heisst Vodafone gibt es nur in Küstennähe. Dafür rühmt man sich, dass man mit 58 Ländern Roaming-Verträge abgeschlossen hat.

Keine Schnäppchen-Preise

Das mobile Telefonieren ist auch relativ billig in Australien. Tagsüber bezahlt man in der Nahzone ungefähr die Hälfte von den in der Schweiz üblichen Gebühren, während die Fernzonen etwa gleich viel kosten. Die Schritte bei den Nah- und Fernzonen sind hier 100 km, 250 km sowie 350 km und darüber. Abends lockt Optus mit 10 Cent (etwa 9 Rappen) pro Minute in der ersten Zone. Telstra hat dafür eine andere Aktion: 6 $ pro Anruf (etwa 6 Franken) und dafür telefonieren so lange man will. Preislich gibt es einen starken Konkurrenzkampf, und es gibt fast wöchentlich neue Aktionen. Prepaid SIM-Cards gibt es in Australien nicht. Dafür kann man aber auch als Ausländer ohne festen Wohnsitz in Down Under Kunde eines Betreibers werden, sofern man im Besitz einer Kreditkarte ist. Die einmalige Anschlussgebühr beträgt rund 50 $ (etwa 48 Franken), die Tarife mit der billigsten Grundgebühr monatlich rund 25 $ (etwa 24 Franken). Handys sind sehr teuer, mit gleichzeitiger Erstanmeldung aber preislich wie in Österreich und der Schweiz.

Das Standardtelefon ist das Nokia 1611, gepuscht durch Aktionen von Optus, die das Telefon in Verbindung mit SIM-Karte um 1 $ (etwa 97 Rappen) verkaufen.

Bindungsfrist: 3 Jahre

Wir in Österreich und der Schweiz können uns übrigens mit Bindungsfristen von sechs bzw. zwölf Monaten sehr glücklich schätzen. In Australien beträgt die Bindung mindestens 12 Monate, wenn man nur eine SIM-Karte gekauft hat, Karte und Telefon verpflichtet für mindestens 3 Jahre, was bei den niedrigen Tarifen allerdings auch kein Wunder ist!

Resumée

Mobil sein in Australien bedeutet einfach etwas anderes als in Europa. Es geht nicht so sehr darum, überall erreichbar zu sein, sondern nur in der Stadt, beim Einkaufen. Wenn ein Geschäftsmann mit dem Auto von A nach B fährt, weiss er genau, dass er - egal mit welchem Netz - auf der Hälfte der Strecke nicht telefonieren kann. Die Betreiber orientieren sich mit der Versorgung auch eher an Städten und lassen Hauptverbindungsstrassen mehr oder weniger ausser Acht.

Stefan Widitsch/fwk/mk




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 3. Mai 2004
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