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Artikel aus Mobile Times 2

Wellen schlagen

Während in der Schweiz eine sensationslüstern aufgemachte «Kassensturz»-Sendung des SF DRS mehr oder weniger deutlich die Gefährlichkeit des Natel-Gebrauchs anprangerte, ist in Österreich dank einer Initiative von der ÖGNU (Osterreichische Gesellschaft für Natur- und Umweltschutz) die Angst vor GSM wieder in aller Munde. In beiden Fällen geht es um elektromagnetische Wellen - im Schweizer Beitrag schwerpunktmässig um die vom Handy und im österreichischem Beitrag um die von den Basisstationen ausgestrahlten Wellen. Doch wie gefährlich sind sie nun wirklich?


Man hört, dass GSM-Sender gefährlich wären. Man hört, dass niemand die Wirkung von GSM-Wellen kennt. Man hört, die Wirkung der Wellenlängen zwischen Schall und Licht wäre zu wenig erforscht. Was davon stimmt wirklich, und was davon ist nur Panikmache und Öko-Terrorismus?

Zunächst ein paar physikalische Fakten

Wellenlängen zwischen Schall und Licht zu erforschen, ist Unsinn, da es sich bei Schallwellen um mechanische Wellen handelt, während Licht elektromagnetische Wellen sind.

Die biologische Wirkung von elektromagnetischen Wellen hängt von zwei Dingen ab: Der Wellenlänge und der Feldstärke. Je kürzer die Wellenlänge ist, desto höher die Frequenz und damit auch die Energie pro Wellenquant. Von der Feldstärke hängt nun ab, wieviel dieser Wellenquanten pro Zeiteinheit durch einen gegebenen Querschnitt fliessen.

Betrachtet man die Frequenzen der elektromagnetischen Wellen, hat Wechselstrom mit 50 Hz die tiefste Frequenz. Darüber kommen die Radiofrequenzen von Langwelle bis Ultrakurzwelle sowie darüber hinaus die Trägerfrequenzen für Fernsehen und Satellit. Dann folgen Mikrowellen, Infrarot und sichtbares Licht, das dann in Ultraviolett übergeht. Noch höher liegen schliesslich Röntgenstrahlen und Gammastrahlung. Diese Wellen können nun auf zwei Arten das Gewebe schädigen: Entweder durch die direkte Beschädigung von Molekülen oder durch Erwärmung.

Für die direkte Beschädigung ist die Energie der Wellenquanten erst ab den Frequenzen von UV-Licht ausreichend, was auch der Grund dafür ist, dass wir in der Sonne braun werden: Die Haut versucht, sich vor der Zerstörung durch UV-Licht zu schützen. Braune Haut ist also nur ein Zeichen der Beschädigung und Krankheit.

Was nun die Erwärmung betrifft, gilt im Bereich hochfrequenter Radiowellen und niederfrequenter Mikrowellen - also dem Bereich von UKW, GSM und TV - ein Grenzwert von 26,5 W/m². Natürlich werden nun wieder einige Öko-Freaks aufschreien, dass dieser Grenzwert nicht durch genügend Untersuchungen abgesichert sei. Doch gehört das nur zu ihrer Standardtaktik, bei der Präsentation einer nicht genehmen Studie darauf hinzuweisen, es gäbe noch nicht genügend Studien, hingegen jedes politisch korrekte Papier als die definitive Studie zu dem jeweiligen Thema zu bezeichnen.

Wer hat die Antenne geschluckt?

Jedenfalls bedeutet dieser Grenzwert bei einem Handy, das mit 0,8 Watt Leistung sendet, einem Sicherheitsabstand von etwa zwei Zentimetern. Solange man nicht mit der Antenne in der Nase bohrt, während man telefoniert, kann man das durchaus einhalten, da die Antenne ja nie direkt am Kopf anliegt. Und selbst wenn dies der Fall wäre, so ist die Erwärmung bei einem fünfminütigen Gespräch immer noch kleiner als beim Treppensteigen - und das soll ja gesund sein.

Wenn wir uns nun die GSM-Basisstationen ansehen, um die ja in Österreich die Debatte geht, ergibt sich aus der Sendeleistung von 10 bis 50 Watt ein maximaler Sicherheitsabstand von 39 Zentimetern. Da diese Antennen aber auf etwa 10 Meter hohen Masten montiert sind, müsste man schon hinaufklettern und dort oben warten, um gesundheitsgefährdende Effekte zu verspüren.

Dass das ganze etwas mit Hysterie zu tun hat, merkt man schon daran, dass über Fernsehsender niemand redet, dabei senden die nicht mit 50 sondern mit 800'000 bis 1'600'000 Watt Leistung. Hier ergibt sich nach der gleichen Rechnung ein Sicherheitsabstand von 55 Metern, der durch die weitaus höheren Sendemasten und die meist exponierte Lage auf Berggipfeln auch eingehalten wird. Wenn man also die Einstrahlungen von GSM-Sendern bekämpfen will, muss man auch das Fernsehen abschaffen, denn das sendet ja auch in diesem Frequenzbereich.

Der einzige Punkt, der noch unerwähnt ist, sind Herzschrittmacher. Etwa 10% aller in Gebrauch befindlichen Herzschrittmacher-Modelle reagieren auf GSM oder Fernsehen. Aber 80% aller Modelle reagieren auf die Diebstahlsicherungen in Kaufhäusern. Haben Sie sich schon einmal überlegt, wie oft Sie zwischen zwei solchen Bügeln durchgegangen sind?

Die wahre Gefahr

Die wirkliche Gefahr besteht zum Beispiel darin, dass man beim Autofahren mit dem Handy telefoniert. Wer beim Autofahren telefoniert, ist abgelenkt; er schneidet öfter die Kurven, wechselt öfter die Geschwindigkeit, überfährt häufiger Sperrlinien, übersieht öfter Verkehrszeichen und hat generell ein viermal höheres Unfallrisiko.

Autounfälle sind die einzigen nachgewiesenen Fälle, in denen ein Handy der Gesundheit seines Besitzers geschadet hat. Autounfälle sind aber auch nachgewiesene Fälle, in denen ein Handy der Gesundheit seines Besitzers genützt hat, indem man zum Beispiel nach dem Unfall sofort die Rettung rufen kann, oder man die Unfallstelle über GPS orten kann, und die Rettung so schneller eintrifft.

Aus diesem Grund hat sich nun in Österreich das Forum Mobilkommunikation, dem unter anderem die Netzbetreiber Mobilkom, max.mobil, Connect, sowie Alcatel, Ericsson, Motorola, Nokia und Siemens angehören, mit dem grössten österreichischen Automobilklub (ÖAMTC), dem Kuratorium für Verkehrssicherheit und dem Roten Kreuz zusammengetan, um eine Initiative zu starten, die den richtigen Gebrauch des Handys bewirken soll. Man will damit einer Änderung der österreichischen Strassenverkehrsordnung (StVO) zuvorkommen, in welcher der Gebrauch von Telefonen und anderen Ablenkungen wie etwa Kindern, Hunden oder Radio im Auto generell verboten werden soll.

Folgende Grundsätze sollen dabei dem mobilen Menschen nähergebracht werden:

Um diese Grundsätze zu verbreiten, wurde eine kleine Broschüre entworfen, in der nicht nur diese Ratschläge enthalten sind, sondern ausserdem Hinweise, wie man sich im Falle eines Unfalls richtig verhält - wenn man sich noch verhalten kann -, was man bei einem Anruf an die Rettung mitteilt, und was man bei Gefahrengut-Transporten zu beachten hat.

Ausserdem wurde ein Maskottchen namens «Tony Mobilo» entworfen, das auch als Aufkleber für das Auto zu haben ist. Dieser Aufkleber soll signalisieren, dass in diesem Auto der Fahrer ein Handy hat, und somit einen Notruf tätigen kann, dass er es aber auch verantwortungsvoll benutzt - also beim Fahren die Hände am Steuer und nicht am Handy hat.

Michael Köttl




MOBILE TIMES Home Letzte Überarbeitung: Montag, 3. Mai 2004
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